Es ist einfach bewundernswert, mit welcher Leidenschaft, Energie und Beharrlichkeit Rich Hopkins, der Pate des sogenannten Desert Rock made in Tucson, Arizona, in schöner Regelmäßigkeit – meist im Gleichschritt mit einer anstehenden Europatournee – alle zwei bis drei Jahre eine Scheibe nach der nächsten herausbringt, und damit fortwährend den Nerv seiner vielen Fans bis ins Mark trifft. Das neue Album Back To The Garden bildet da erwartungsgemäß keine Ausnahme, sondern reiht sich formal, inhaltlich und – und genau darum geht es – qualitativ voll ein in diese offenbar endlos laufende Serie von erstklassigen Veröffentlichungen unter der Marke Rich Hopkins And Luminarios. Die Wüste lebt und Desert Rock wird es so lange geben, wie Rich Hopkins seine Gitarren halten kann! Elektrische Gitarren wohlgemerkt!! Sie bestimmen auf den 11 neuen Nummern mal wieder diese markante Mischung aus epischen Rockhymnen, sandigem Folk Rock, bewährten Rock’n Roll-Werten aus den 60/70ern, etwas jingle-jangle Guitar Pop und einer ordentlichen Dosis Psychedelia – speziell auf den längeren Tracks mit ausgedehnten Instrumentalausflügen. Besonders deswegen eignet sich Back To The Garden auch bestens als Blaupause für die nahenden Livekonzerte!
Seit nunmehr drei Dekaden steht der Name Rich Hopkins für diesen staubigen, gitarrengetränkten Wüstenrock, wie er nur im Südwesten der USA gespielt wird. Nach all den hinreichend dokumentierten Aktivitäten als Boss der Sidewinders, Sand Rubies, Underbelly u.v.a. Projekten bleiben die Luminarios sein zentrales Thema, freilich mit ihm selbst als einzige feste Größe. Seit 1992 existiert diese Formation mal als Trio, Quartett, Quintett oder einfach als loser Haufen befreundeter Musiker aus der Szene von Tucson. Anfangs wandelte Hopkins noch gefährlich auf den Spuren von Neil Young & Crazy Horse. Später kehrte er mehr den gereiften Songschreiber heraus, veröffentlichte sogar einige spannende Konzeptwerke, variierte Stimmungen und Stile. Großes Interesse an seinen Mitmenschen und ihren Lebensumständen führten immer wieder zu sozialem Engagement und kritischen Texten. Besonders sein 2010er Epos El Otro Side/The Other Side handelte thematisch von der Kehrseite des American Dream. Der Nachfolger Buried Treasures (2012) vermochte mit reeller Cosmic Power, langen Gitarren-Jams und einem garagigen „High Volume“ Sound zu punkten und lieferte damit eine musikalische Steilvorlage für Tombstone (2016) und My Way Or The Highway (2017). All diese Alben und die meisten davor sind auf Blue Rose erschienen. Ja, Rich Hopkins gehört seit 1996 zu den absolut verlässlichsten und treuesten Acts in der langen Labelhistorie der Schwaben.
Seit über 10 Jahren ist Hopkins sowohl privat als auch musikalisch eng mit der texanischen Singer/Songwriterin Lisa Novak liiert. Die beiden sind nicht nur verheiratet, sondern Novak ist nach ihrem gemeinsamen 2008er Honeymoon-Epos Loveland (ebenfalls auf Blue Rose) festes Luminarios-Mitglied geworden – als Co-Produzentin und Gitarristin, mit eigenen Songs und auch von ihr solo gesungenen Nummern! Weil Hopkins/Novak abschnittsweise in Tucson, Austin oder Houston leben, fanden die Studioaufnahmen zu allen jüngeren Alben mal hier, mal dort mit jeweils anderen Luminarios-Musikern statt. So lesen wir auch im Booklet von Back To The Garden etliche bekannte Namen: Multiinstrumentalist Paul Beebe (von Grand Old Grizzly), Bassist Mike Therieau (ex Shurman), Drummer Darin Murphy, Recording & Mixing Engineer Lars Goransson und der langjährige Hopkins-Weggefährte Jon Sanchez (jeweils mit zusätzlichen Gitarren und Keyboards) genauso wie Damon Barnaby, der bereits auf der 2017er Tour als toller Gitarrist zu überzeugen wusste!
Das neue Album beginnt höchst standesgemäß mit dem beinharten, sämigen 6-Minuten-Desert Rocker ‚Acoma Mary‘ – einer waschechten Hopkins-Hymne. Der berühmte Steve „The Deacon“ Hunter (Lou Reed, Alice Cooper, Peter Gabriel u.v.m.) brilliert hier als Promigast mit zusätzlicher Axework. ‚Till I’m Gone‘ ist zwar etwas luftiger konstruiert, strotzt allerdings nicht minder vor elektrischen Gitarren, Gitarren, Gitarren und mündet in eine unwiderstehliche Endlosschleife. Das druckvolle ‚Before‘ beeindruckt mit attraktivem Parallelgesang von Hopkins und Novak, einem Hard Rock-Guitar Break in der Mitte sowie psychedelischem Orgel-Flair, das wie schwerer Nebel über dem ganzen Stück liegt. Die rockig pulsierende Ballade ‚Coming Down Again‘ zeigt Hopkins eher als Singer/Songwriter, ohne dabei die Luminarios-typischen Gitarrenpflichten zu verletzen. Wiederum sorgt der klare Backgroundgesang von Novak für die kleinen, entscheidenden Nuancen, bevor zig übereinandergeschichtete elektrische und akustische Gitarren den melancholischen Song in einen epischen Saitenstrom auslaufen lassen. ‚Get Off The Telephone‘ ist ein richtig grober Rocker mit offensivem Sprechgesang, schrägen Gitarrenbreitseiten und – fast konterkarierend – superharmonischem Chorgesang nach Westcoast-Art. Auf dem schnellen ‚Another State Of Mind‘ gibt man sich gar „poppig“ – oder besser: guitar-jangling – wie in einem beherzten Retromix aus classic Byrds und Tom Petty. In 2:37 ist alles gesagt!
Pause, umdrehen, Restart mit ‚Keep Shinin‘, dem einzigen reinen Lisa Novak-Song (alles andere sind Hopkins/Novak Co-Writes). Ihre dunkel-geschmeidige Altstimme etwa zwischen Vicki Peterson (Bangles) und Amy Ray (Indigo Girls) kommt hier optimal zur Geltung. ‚Always A Way‘ ist ein weiterer Uptempo-Track aus der Abteilung kerniger electric Folk Rock auf dem Arizona-Texas Highway! ‚Pissed‘ ist ganz titelgerecht genau der kurze, aggressive direct-into-the-face Punker, den man schon lange nicht mehr von Hopkins gehört hat. In nur zwei kurzen Strophen schlägt Hopkins einen weiten Bogen von seinen Nachbarn, die ihren Müll einfach auf die Straße werfen, bis hin zur globalen Umweltzerstörung. „Play the notes from my heart, try not to think about it very hard, the verse comes first, the chorus next, …you play your part and I’ll play mine“ – ‚On And On‘, immerhin bereits der dritte 6-Minuten-plus Song, erklärt lässig das kreative Teamwork von Hopkins und Novak, bevor sich die vielschichtig angeordneten Gitarren zu einem ausgedehnten Instrumentalfinish aufschwingen. Eigentlich ein perfektes Ende, aber da fehlt ja noch der quasi Titeltrack, das 8:42-Opus ‚The Garden‘, wieder sehr souverän von Lisa Novak gesungen und von der Band in regelrechter Southern Rock-Manier episch aufgebaut. Über einem dichten Klangteppich aus akustischen Gitarren, Bass und Drums erheben sich die hypnotisch kreiselnden E-Gitarren zu einem kapitalen Psychedelic-Slow Rock-Gesamtkunstwerk – welch ein emotionaler Wirkungstreffer als Schlusspunkt eines von vorn bis hinten klug konzipierten und damit äußerst spannenden Luminarios-Albums!!